Wann müssen Kinder für ihre pflegebedürftigen Eltern Unterhalt zahlen?

Das Wichtigste in Kürze

  • Seit 2020 müssen Kinder für ihre pflegebedürftigen Eltern nur noch dann Unterhalt zahlen, wenn ihr Jahresbruttoeinkommen über 100.000 Euro liegt.
  • Unterhaltspflichtig werden Kinder darüber hinaus nur, wenn Rente, Vermögen und gesetzliche Pflegeleistungen der Eltern für die Pflegekosten nicht ausreichen.
  • Nur Kinder ersten Grades – das heißt leibliche und Adoptivkinder – können unterhaltspflichtig werden.
  • Die Höhe des Elternunterhalts wird anhand des bereinigten Nettoeinkommens berechnet. Dieses ergibt sich aus dem durchschnittlichen Nettoeinkommen abzüglich Werbungskosten und einem Selbstbehalt.
  • Kinder müssen mit einigen Ausnahmen auch dann Elternunterhalt zahlen, wenn sie ein schlechtes Verhältnis zu ihren Eltern haben.

Das erwartet Sie hier

Welche Unterhalts­pflichten Kinder gegenüber ihren pflegebedürftigen Eltern haben, wie der Elternunterhalt genau berechnet wird und wann sie nicht zahlen müssen.

Inhalt dieser Seite
  1. Wer muss Elternunterhalt zahlen?
  2. Wie wird über Elternunterhalt entschieden?
  3. Elternunterhalt berechnen (inkl. Beispiel)
  4. Wann muss kein Unterhalt gezahlt werden?

Wer muss Elternunterhalt zahlen?

Wann spielt Elternunterhalt überhaupt eine Rolle?

Wenn die Leistungen der gesetzlichen Pflegepflicht­versicherung, die eigene Rente und das eigene Vermögen der Eltern nicht mehr ausreichen, um anfallende Pflegekosten abzudecken, werden die Angehörigen in die Haftung genommen – meist sind dies die Kinder. Kinder sind somit gesetzlich verpflichtet, ihre Eltern im Pflegefall mit dem Elternunterhalt finanziell zu unterstützen. Diese Forderung stellen dabei nicht die Eltern, sondern das Sozialamt.


Häufiger Fall: Wenn ein Elternteil ins Pflegeheim muss

Einer der häufigsten Fälle des Elternunterhaltes tritt auf, wenn ein Elternteil in ein Pflegeheim umziehen muss. In einem Pflegeheim wird für jeden Pflegebedürftigen unabhängig vom Pflegegrad ein sogenannter einrichtungseinheitlicher Eigenanteil fällig. Dieser beträgt durchschnittlich 1.900 Euro monatlich. Kann der Elternteil dies finanziell nicht allein stemmen, so zieht das Sozialamt die Kinder heran.

Aber: Das Sozialamt nimmt das Kind bzw. die Kinder nur dann in Haftung für die Pflegekosten, wenn die Notwendigkeit der Unterbringung in einer Pflegeeinrichtung begründet ist. Die Pflege in einer Einrichtung ist schließlich viel teurer als beispielsweise zu Hause. Befindet sich das Elternteil bereits in einem Pflegeheim und bezieht gesetzliche Pflegeleistungen, ist die Notwendigkeit gegeben.

Pflegekosten steigen immer weiter an

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Die aktuelle Pflegestatistik des Statistischen Bundesamtes belegt: In Deutschland werden immer mehr Menschen pflegebedürftig. 2019 waren es insgesamt 4,13 Millionen Personen – ein Drittel mehr als noch 6 Jahre vorher. Nur ein Fünftel davon wird vollstationär in Pflegeheimen versorgt. Dies ist in der Regel eine teure Angelegenheit: Mittlerweile liegt der durchschnittliche Eigenanteil für die Betreuung eines Pflegebedürftigen bei 1.940 Euro im Monat.

Wer kann zur Zahlung von Elternunterhalt verpflichtet werden?

Es können nur die Kinder, die im ersten Grad mit der pflegebedürftigen Person verwandt sind, zur Zahlung von Elternunterhalt verpflichtet werden. Dazu zählen:

  • Leibliche Kinder
  • Adoptivkinder

Nicht verpflichtet werden können demnach:

  • Enkelkinder
  • Schwiegerkinder
  • Stiefkinder

Angehörigen-Entlastungsgesetz: Kinder mit geringerem Einkommen werden entlastet

Seit dem 1. Januar 2020 werden Personen mit geringem oder mittlerem Einkommen in Sachen Elternunterhalt deutlich entlastet. Es müssen nur jene Kinder Elternunterhalt für ihre pflegebedürftigen Eltern zahlen, deren Jahresbruttoeinkommen über 100.000 Euro liegt. Es zählt zudem nur ihr eigenes Einkommen, nicht das ihrer Ehepartner:in.

Diese Regelungen gelten im Übrigen auch für Eltern, die Unterhalt an ihre volljährigen, pflegebedürftigen Kinder zahlen müssten.

Wann müssen Angehörige von Pflegebedürftigen zahlen?

Was passiert, wenn ich zuvor Elternunterhalt gezahlt habe?

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Haben Sie vor der Gesetzesänderung bereits Elternunterhalt gezahlt und fallen Sie nun unter die 100.000 Euro-Grenze, so müssen Sie nichts weiter tun. Sie müssen ab dem 1. Januar 2020 automatisch keinen Elternunterhalt mehr zahlen. Nur wenn das Sozialamt Hinweise darauf hat, dass Sie doch mehr verdienen, wird es eine Prüfung der Unterhaltspflicht ansetzen.

Wie wird über den Elternunterhalt entschieden?

Pflegebedürftige Eltern müssen erstmal eigenes Vermögen einbringen

Zu aller erst muss die pflegebedürftige Person ihr eigenes Einkommen und Vermögen für die Pflegekosten einbringen. Auch die Ehepartner:in muss sich mit ihrem Vermögen an den Pflegekosten beteiligen. Dabei wird ein Schonvermögen von 5.000 Euro gestattet, welches dem bzw. der Pflegebedürftigen zur Bestreitung von Lebenshaltungskosten gelassen wird. Ein Schonvermögen in gleicher Höhe steht auch dem Ehepartner zu.

Was passiert mit meiner Immobilie?

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In einigen Fällen müssen Pflegebedürftige das eigene Haus oder die eigene Wohnung verkaufen, um das Geld für die Pflegekosten aufzuwenden. Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn:

  • der/die Pflegebedürftige Eigentümer:in bzw. Miteigentümer:in ist,
  • der/die Pflegebedürftige selbst darin wohnt,
  • Angehörige bewohnen die Immobilie und möchten nach dem Tod des Pflegebedürftigen auch weiterhin darin wohnen,
  • die Größe des Grundstücks, des Hauses bzw. der Wohnung angemessen ist.

Können Eltern Schenkungen zurückfordern?

Per Gesetz können Eltern, die in den letzten 10 Jahren Schenkungen an ihre Angehörigen durchgeführt haben, diese zurückfordern, wenn sonst eine Verarmung droht. In der Regel setzen dies jedoch keine Eltern wirklich um. Aber: Der Staat kann diesen Rückforderungsanspruch für das Elternteil geltend machen. Und zwar, wenn er dem Pflegebedürftigen Sozialleistungen erteilt, wie etwa Hilfe zur Pflege bei stationärer Versorgung. Der Staat kann dann die Schenkung beim beschenkten Angehörigen zurückfordern. Es sei denn, es handelte sich um sogenannte privilegierte Schenkungen, wie etwa Anstands- oder Pflichtschenkungen.

Reicht eigenes Vermögen nicht, leistet das Sozialamt

Sind Rente, eigenes Vermögen sowie die Leistungen aus der sozialen Pflegepflicht­versicherung nicht ausreichend, um die Pflegekosten zu decken, so können Pflegebedürftige Hilfe vom Sozialamt beantragen. Das Sozialamt beteiligt sich dann an den Pflegekosten, mehr dazu hier.

Aber: Gibt es einen Hinweis oder den Verdacht, dass etwaige Kinder Elternunterhalt zahlen können (und nur in diesem Falle), so fordert das Sozialamt die Kinder dazu auf, ihre Finanzen offenzulegen. Bestätigt sich die Unterhaltspflicht für die Eltern, holt sich das Sozialamt ihre Beteiligung an den Pflegekosten über die Kinder sozusagen zurück.


Wann müssen Kinder Elternunterhalt zahlen?

Kinder müssen für die Pflegekosten ihrer Eltern nach dem neuen Angehörigen-Entlastungsgesetz nur dann aufkommen, wenn mindestens ein Kind mehr als 100.000 Euro brutto im Jahr verdient.

Was zählt zum Jahresbruttoeinkommen der Kinder?

  • Bruttolohn aus abhängiger Beschäftigung oder selbständiger Tätigkeit
  • Sonderzahlungen wie etwa Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, Boni
  • Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
  • Gewinn- und Kapitalerträge

Übrigens: Das Vermögen der Kinder – und dazu zählen auch eigene Immobilien – wird zur Berechnung des Elternunterhalts nicht berücksichtigt. Außerdem können Arbeitnehmer:innen etwaige Werbungskosten abgezogen werden. Wer unterm Strich unter die 100.000 Euro-Grenze fällt, muss keinen Elternunterhalt zahlen.

Wie wird bei mehreren Geschwistern entschieden?

Haben Eltern mehrere Kinder, so erfolgt der Entscheid über den Elternunterhalt ein wenig anders:

  • Zunächst wird geschaut, ob überhaupt eines der Kinder über 100.000 Euro im Jahr brutto verdient und somit unterhaltspflichtig ist.
  • Ist dies nicht der Fall, muss kein Elternunterhalt gezahlt werden.
  • Verfügt mindestens eines der Geschwisterkinder Einkommen über 100.000 Euro, so wird berechnet, wie viel Unterhalt jedes Geschwisterkind theoretisch zahlen müsste, basierend auf den finanziellen Möglichkeiten der jeweiligen Kinder. Es werden also dennoch alle Kinder berücksichtigt.
  • Zahlen muss letztendlich nur das Kind, welches über der Einkommensgrenze von 100.000 Euro verdient. Den Anteil an Elternunterhalt der anderen Kinder übernimmt das Sozialamt.

Wenn nur ein Kind Unterhalt zahlt, die anderen jedoch auch über ausreichend Vermögen verfügen, kann das Kind einen Ausgleich von seinen Geschwistern verlangen.

Was, wenn dann immer noch Pflegekosten übrig bleiben?

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Es kann passieren, dass trotz Elternunterhalt von den Kindern Kosten übrig bleiben, die für die Pflege notwendig sind. Oder, die Kinder sind aufgrund ihres Einkommens nicht unterhaltspflichtig und müssen sich somit gar nicht an den Pflegekosten beteiligen. Diese Differenz übernimmt dann das Sozialamt.

Wie wird der Elternunterhalt berechnet?

Wichtig zu wissen: Ob Kinder unterhaltspflichtig sind oder nicht, wird anhand des Bruttoeinkommens entschieden. Die konkrete Höhe des Elternunterhalts wird jedoch anhand des Nettoverdienstes berechnet. Die Unterhaltsleistungen für die eigenen Eltern sollen keine spürbare und dauerhafte Senkung des Lebensstandards der Unterhaltspflichtigen nach sich ziehen. Daher gibt es Selbstbehalte und Schonvermögen, die die Unterhaltszahlungen begrenzen. Fordert das Sozialamt dazu eine Einkommens­- und Vermögensübersicht an, sollten Betroffene die Regeln zur Berechnung des Elternunterhalts kennen, um alle Abzugsmöglichkeiten zu nutzen.

Lesen Sie im folgenden Schritt für Schritt, wie der Elternunterhalt berechnet wird.

Das bereinigte Nettoeinkommen ermitteln

Als Grundlage werden die Gesamteinkünfte wie auch zur Bestimmung des relevanten Jahresbruttoeinkommens herangezogen:

  • Von Arbeitnehmenden: Durchschnitt aus den 12 Nettomonatseinkommen vor Eintritt der Unterhaltspflicht
  • Von Selbständigen: Nettodurchschnitt aller Einkünfte aus den letzten 3-5 Jahren
  • Einkünfte aus Vermietung oder Verpachtung
  • Kapitalerträge

Davon können folgende Posten als Werbungskosten und Schonvermögen abgezogen werden (max. 5 Prozent des Bruttoeinkommens):

  • Berufsbedingte Aufwendungen (z.B. Fahrtkosten)
  • Kosten für Kreditraten, Zinsen und Tilgungszahlungen (soweit sie aus der Zeit vor dem Inkrafttreten der Unterhaltspflicht stammen)
  • Kosten der allgemeinen Krankenvorsorge und krankheitsbedingte Aufwendungen
  • Aufwendungen zur privaten Altersvorsorge
  • Unterhalt für eigene Kinder oder getrennt lebende/geschiedene Ehegatten

Nicht abzugsfähig, da sie bereits im Selbstbehalt berücksichtigt sind, sind folgende Posten:

  • Versicherungsbeiträge zur Hausrat-, Haftpflicht- und KFZ-Versicherung
  • Rundfunkgebühren
  • Kosten für Abonnements (z.B. Zeitungen)
  • Miete und Nebenkosten

Einzelfall-Ermittlung beim Schonvermögen

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Wenig eindeutig geregelt sind die Zugriffsmöglichkeiten der Sozialämter auf das Vermögen der unterhaltspflichtigen Kinder. Hier gibt es keine festgelegten Pauschalen. Stattdessen gilt, dass den Unterhaltspflichtigen angemessene finanzielle Reserven bleiben müssen – was allerdings im Streitfall individuell für jeden Einzelfall ermittelt werden muss. Grundsätzlich dürfen Kinder von Pflegebedürftigen nicht gezwungen werden, selbstgenutzte Immobilien zur Finanzierung der Pflege ihrer Eltern zu verkaufen. Auch Rücklagen für Sanierungsausgaben an diesen Immobilien werden in der Regel in angemessener Höhe als Schonvermögen anerkannt. Ebenso wie Reserven für Urlaub oder für Autoreparaturen. Auch bleiben Rücklagen für die Altersversorgung üblicherweise unberührt. Hierbei gilt ein angespartes Vermögen als unantastbar, das einen Wert von 5 Prozent des aktuellen Bruttojahreseinkommens multipliziert mit der Anzahl der Berufs­jahre nicht überschreitet. Prinzipiell müssen Kinder jedoch beim Sozialhilfeträger belegen und begründen, wie viel Geld für welche Zwecke zurückgelegt wird.

Selbstbehalt abziehen

Vom bereinigten Nettoeinkommen kann nun der Selbstbehalt abgezogen werden, der den unterhaltspflichtigen Kindern als Lebensunterhalt gewährt wird. Die Höhe des Selbstbehaltes richtet sich nach der gültigen Düsseldorfer Tabelle: 2020 beträgt der Selbstbehalt gegenüber Eltern insgesamt 2.000 Euro. Wer verheiratet ist, kann den Familienselbstbehalt in Höhe von 3.600 Euro beanspruchen. Für jedes Kind im Haushalt wird zusätzlich der Unterhaltsbeitrag gemäß der Düsseldorfer Tabelle abgezogen.

Miete als Teil des Selbstbehalts

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Im Selbstbehalt, den unterhaltspflichtige Kinder geltend machen können, sind bereits Mietkosten und Nebenkosten in Höhe von 700 Euro für Alleinstehende sowie 600 Euro für Familien berücksichtigt. Wer mehr zahlt, muss dies nachweisen können. Dann können diese Zusatzkosten ebenfalls abgezogen werden.

Icon Euroscheine und Münzen

Wie hoch ist nun der Elternunterhalt?

Von dem ermittelten Betrag aus bereinigtem Nettoeinkommen abzüglich Selbstbehalt müssen Kinder die Hälfte als Elternunterhalt zur Deckung ausstehender Pflegekosten zahlen.

Übrigens: Liegt das so ermittelte bereinigte Nettoeinkommen im negativen Bereich, entfällt die Unterhaltspflicht. Nur wenn der Wert nach allen Abzügen noch über Null liegt, darf das Sozialamt darauf zugreifen.

Rechenbeispiel: Betrag zum Elternunterhalt

Um das Thema Elternunterhalt ein wenig greifbarer zu machen, haben wir Ihnen im Folgenden ein Rechenbeispiel einer Arbeitnehmer:in erstellt. Beachten Sie bitte, dass dieses stark vereinfacht ist und keine Besonderheiten berücksichtigt. Die Ermittlung und Berechnung des Elternunterhalts kann sich unter Umständen als sehr kompliziert herausstellen und in einigen Fällen auch eine Einzelfallentscheidung sein.

Jahresbruttoeinkommen115.000 €
Abzug Werbungskosten 5.750 €
Jahreseinkommensgrenze109.250 €, damit ist das Kind zum Elternunterhalt verpflichtet
Monatliches Nettoeinkommen4.887 €
Abzug Selbstbehalt 2.000 €
Bereinigtes Nettoeinkommen2.887 €
Elternunterhalt monatlich (50 % des bereinigten Nettoeinkommens)1.443,50 €

Können Zahlungen für Elternunterhalt steuerlich abgesetzt werden?

Unter bestimmten Umständen können Kinder die Unterhaltszahlungen als außergewöhnliche Belastung steuerlich geltend machen. Dabei gelten folgende Voraussetzungen:

  • Es besteht eine gesetzliche Unterhaltspflicht und der Unterhalt wird auch tatsächlich gezahlt.
  • Die pflegebedürftige Person kann die Pflegekosten nicht selbst tragen.
  • Es erfolgte eine Unterbringung im Pflegeheim wegen Pflegebedürftigkeit.

Unterhaltsbescheide sorgfältig prüfen!

Jochen Schausten vom Deutschen Anwaltsverein rät den unterhaltspflichtigen Kindern, die Bescheide des Sozialamtes sorgfältig zu prüfen. Laut seiner Erfahrung seien 60 bis 80 Prozent der Zahlungsaufforderungen nicht korrekt.

Verwirkung und Verfall des Anspruchs: Wann muss kein Elternunterhalt gezahlt werden?

Unbilliger Elternunterhalt wegen Verwirkung: In diesen Fällen muss kein Unterhalt gezahlt werden

Das Bürgerliche Gesetzbuch unterscheidet in § 1611 Abs. 1 insgesamt 3 Fallgruppen, wann unterhaltspflichtige Kinder die Zahlung von Elternunterhalt teilweise oder ganz verweigern können. Diese Regelungen basieren auf “unbilligem” Verhalten der Eltern gegenüber den Kindern:

Fallgruppe 1: Sittliches Verschulden

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Ein sittliches Verschulden liegt vor, wenn die pflegebedürftige Person aufgrund von Spiel-, Trink- oder Drogensucht pflegebedürftig geworden ist und dies eigenverantwortlich herbeigeführt und eine Behandlung abgelehnt hat.

Fallgruppe 2: Vernachlässigung der eigenen Unterhaltspflicht

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Das Elternteil hat keinen Anspruch auf Elternunterhalt, wenn er oder sie die eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind vernachlässigt hat. Dies liegt beispielsweise bei einer verwahrlosten Elternschaft vor, wenn sich Vater oder Mutter jahrelang nicht um die Kinder gekümmert haben.

So entschied das OLG Koblenz in einem Fall aus dem Jahr 2000. Ein Vater hatte nach dem Scheitern der Ehe sein Kind im Alter von 2 Jahren verlassen und keinen Kontakt mehr zu ihm gesucht und keinen Unterhalt gezahlt. Laut dem Oberlandesgericht hat ein Elternteil keinen Anspruch mehr auf Elternunterhalt, wenn mindestens für die Dauer von 1,5 Jahren kein Unterhalt gezahlt wurde.

Fallgruppe 3: Schwere Verfehlungen

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Kinder müssen keinen Elternunterhalt zahlen, wenn die Eltern sogenannte erhebliche oder schwere Verfehlungen gegenüber dem Kind oder dessen Angehörigen vorsätzlich begangen haben, vor allem in der Zeit, in der sie selbst noch für das Kind verantwortlich waren. Dazu zählen unter anderem:

  • Grobe Vernachlässigung
  • Körperliche Misshandlungen und Tötungsversuche
  • Sexueller Missbrauch
  • Denunziation des Kindes beim Arbeitgeber, Finanzamt oder anderen Behörden
  • Wiederholte Beleidigungen oder Drohungen, die eine tiefgreifende Verachtung des Kindes und einen groben Mangel an verwandtschaftlicher Gesinnung implizieren

Komplette Verweigerung nur bei grober Unbilligkeit

Nur wenn die Verfehlungen als schwere und grobe Unbilligkeit gelten, können Kinder die Zahlung ganz verweigern. In den meisten Fällen reicht ein reiner Kontaktabbruch oder eine Enterbung nicht aus.

Urteil des BGH 2014: Sohn muss trotz Kontaktabbruch für Vater zahlen

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Dass es für die Verwirkung der Unterhaltspflicht eines Kindes gegenüber einem Elternteil nicht ausreicht, dass seit langem kein Kontakt mehr besteht, zeigt ein Urteil des Bundes­gerichtshofs aus dem Jahr 2014. Ein Vater war 2008 in ein Pflegeheim gekommen, in dem er 2012 verstarb. Die Hansestadt Bremen verlangte anschließend von dem Sohn anteilig die Pflegekosten für die letzten Jahre, da das Sozialamt diese Zahlungen übernommen hatte. Der Sohn wollte die Zahlung verweigern, mit der Begründung, dass zwischen ihm und seinem Vater seit 1972 kein Kontakt mehr bestand. Zudem hatte der Vater ihn im Jahr 1998 enterbt. Das BGH entschied, dass der Sohn zur Zahlung des Unterhalts verurteilt wird, da ein Kontaktabbruch und eine Enterbung nicht als Grund ausreichend seien, die Unterhaltszahlung zu verweigern.

Unterhalts­pflichten führen oft zu Rechtsstreitigkeiten

Wenn Unterhaltszahlungen geleistet werden müssen, führt dies oft zu Rechtsstreitigkeiten in der Familie, egal, ob es sich um Elternunterhalt, Kindesunterhalt oder Ehegattenunterhalt handelt. Wer dagegen rechtlich vorgehen möchte, muss in der Regel mit hohen Kosten rechnen.

Eine rechtzeitig abgeschlossene Rechtsschutz­versicherung unterstützt Betroffene und übernimmt die Kosten für die Anwaltschaft und das Gericht. Dazu muss eine private Rechtsschutz­versicherung mit dem Baustein Unterhalt abgeschlossen werden. Mehr dazu auf unserer Themenseite:

Unterhalts­rechtsschutz­versicherung: So funktioniert es

Können Eltern freiwillig auf Elternunterhalt verzichten?

Viele pflegebedürftige Eltern wollen gar nicht, dass ihre Kinder finanziell belastet werden. Jedoch können sie in der Regel nicht freiwillig auf die Zahlung von Elternunterhalt verzichten, wenn sie für die Übernahme von Pflegekosten Hilfe vom Sozialamt beansprucht haben. Das Sozialamt ist in einem solchen Falle verpflichtet, Unterhalts­pflichten der Angehörigen zu prüfen, sollte es Hinweise auf ein hohes Einkommen geben und den Unterhalt letztendlich einfordern. Abfindungen oder sonstige Vereinbarungen sind nicht wirksam.

Private Vorsorge­ – schützt Vermögen

Eine private Pflegezusatz­­versicherung schließt im Fall einer Pflegebedürftigkeit die Versorgungslücke, sodass sich das Sozialamt nicht einschalten muss. Damit schützt eine Pflege­zusatz­versicherung nicht nur das Vermögen der Betroffenen, sondern auch das der Kinder. Informieren Sie sich dazu auf unserer separaten Seite:

Möglichkeiten der privaten Pflegezusatz­versicherungen

Die häufigsten Fragen zum Elternunterhalt

Wann muss ich Elternunterhalt zahlen?

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Kinder müssen ihren pflegebedürftigen Eltern nur noch dann Elternunterhalt zahlen, wenn ihr Jahresbruttoeinkommen über 100.000 Euro liegt. Dies gilt seit Inkrafttreten des Angehörigen-Entlastungsgesetzes vom 1. Januar 2020.

Wird Vermögen beim Elternunterhalt berücksichtigt?

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In der Regel nein. Das Sozialamt berücksichtigt in erster Linie die Einkünfte des Kindes. Vermögen beispielsweise in Form von eigenen Immobilien bleibt gesichert. Außerdem kann das Kind ein Schonvermögen in Höhe von 5 Prozent des Jahresbruttoeinkommens geltend machen.

Wie wird der Elternunterhalt ab 2020 berechnet?

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Grundlage zur Berechnung des Elternunterhaltes ist das bereinigte Nettoeinkommen. Dieses ergibt sich aus den Jahresbruttoeinkünften, also Gehälter bzw. Gewinne aus abhängiger oder selbständiger Beschäftigung sowie Einnahmen aus Vermietung oder Kapitalerträgen. Unterhaltspflichtige können außerdem ein Schonvermögen, Werbungskosten sowie einen Selbstbehalt geltend machen. Der Elternunterhalt ergibt sich dann aus der Hälfte des Betrages, der nach allen Abzügen und Selbstbehalten übrig bleibt.

Ist das Vermögen der Ehepartner:in bei Elternunterhalt relevant?

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Das Einkommen und Vermögen der Ehepartner:in ist lediglich zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Ehegatten relevant, wenn dessen Einkünfte über 100.000 Euro brutto im Jahr liegen. Unterhaltspflichtig sind jedoch nur Kinder, die im ersten Grad mit dem oder der Pflegebedürftigen verwandt sind. Dazu zählen leibliche Kinder und Adoptivkinder. Schwiegerkinder müssen ihren Schwiegereltern keinen Unterhalt bei Pflegebedürftigkeit zahlen.

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